Wir hatten uns eine ruhige Unterkunft im Grünen gewüncht und bekamen sie – aber nicht nur das: Mit dem Zug waren wir von Vilnius bis Daugavpilis in Lettland gefahren (ca. 3 ½ Stunden) und wurden am Bahnhof von einem muffligen Taxifahrer in Empfang genommen, der uns zu der abgelegenen Pension namens „Fortuna“, einem großen Haus, das einer Burg glich, draußen vor der Stadt, fuhr. Laut booking.com sollte es hier abgesehen von den Zimmern ein Café, einen Konferenzbereich, eine Sauna, einen Strand und Frühstück auf dem Balkon geben. Der günstige Preis hatte uns zwar erstaunt, aber Lettland sollte insgesamt recht günstig sein, wie wir gelesen hatten. Zuerst gestaltete sich die Kommunikation schwierig; die junge Frau, die uns empfing, konnte nur über Übersetzungsprogramm per Handy mit uns „reden“. Sie sprach gar kein Englisch, nur Russisch. Die Gegend hier ist von ehemaligen Russen bevölkert, die einmal im Zuge des russischen Expansionsdrang angesiedelt worden waren. Dann stellten wir fest, dass es kein Café gab und stattdessen gemeint war, man konnte sich in der Gemeinschaftsküche Kaffee machen – leider war die Kaffeedose leer. Wenn wir Essen mitgebracht hätten, hätten wir den großen, sehr übel riechenden Kühlschrank nutzen können wie auch den Herd. Alles sah sehr schmuddelig aus.
Das Zimmer, das uns gezeigt wurde, war winzig und der Schrank vollgestopft mit persönlichen Dingen. Gegenüber gab es noch ein größeres Zimmer, nach dem wir sofort fragten und da es auch frei war, konnten wir uns dort einquartieren. Die junge Frau half bereitwillig unser Bettzeug rüber zu tragen.
Als wir erklärten, dass wir nach über 4 Stunden Fahrt und mehr als 6 Stunden nach dem Frühstück Hunger hätten, erschien eine weitere junge Frau mit Auto, die uns zu einem nahegelegenen Supermarkt fuhr. Wir füllten unseren Einkaufsbeutel mit Brot, Käse, Gurke, Tomaten, Obst, Schokolade, Wein und Bier. Danach waren wir für den „Ruhetag“ im Grünen erst einmal versorgt. Gegen Abend wurde es still und wir waren in dem großen Haus alleine. Als Anatha das Anwesen mit Teich, großen Wiesenbereichen, einem Wäldchen, Spielplatz und verschiedenen Grillstellen erkunden wollte, konnten wir die Eingangstür nicht öffnen. Also stieg Anatha durch eine Terrassentür nach draußen. Am nächsten Tag erklärte man uns, dass die Tür nur mit viel Kraft zu öffnen sein, aber nie verschlossen würde. Wir fanden unseren Aufenthalt hier jedenfalls etwas gespenstisch und hatten uns anscheinend einen Ort ausgesucht, der eigentlich Hochzeitfeiern ausrichtet – im Garten standen noch ein Festzelt mit Deko und ein großes Herz, das nachts rot leuchtet – und Touristen verirren sich kaum einmal hierher, wie es aussieht.
Nach dem Essen hatten wir wieder eine bessere Stimmung, sahen über manchen hinweg, saßen auf dem Balkon im Sonnenschein, genossen die Natur, Ruhe und gute Luft und dachten über die weiteren Reisestationen nach. Dann spazierten wir am Teich entlang, beobachten Laubfrösche und zwei Ziegen sowie die Hühner, die alle auf dem Anwesen untergebracht sind.
Nach einem tiefen ruhigen Schlaf in der Nacht nahmen wir alles noch gelassener hin, ließen uns noch einmal in den Supermarkt fahren zum Einkaufen (vor allem nochmals Wasser, denn das soll man in Lettland nicht aus der Leitung trinken, und tüftelten die nächsten Zug- bzw. Busfahrten aus und kauften die Tickets übers Internet. Das geht hier auf dem Baltikum sehr einfach und man zeigt unterwegs einfach nur die Buchung auf dem Handy bei der Kontrolle.
Morgen geht es weiter nach Riga, der Hauptstadt von Lettland, und noch etwas weiter südlich an der Küste entlang nach Jurmala, einem bekannten Urlaubs- und Badeort für russische Reiche. Wir verdrücken uns ganz an den Rand des Ortes und haben dort ein Privatzimmer für drei Nächte gebucht.
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