Tallinn – die Hauptstadt von Estland

Wir sind im Mittelalter angekommen. In einer Stadt mit Resten einer stattlichen mittelalterlichen Stadtmauer, vielen alten, ehemaligen Kaufmannshäuser, einigen Kirchen, viel Kopfsteinpflaster

und einem Hotel Viru, das in der Zeit der russischen Besetzung Estlands eine wichtige Rolle bei der Beschaffung von Devisen für die Sowjetunion spielte. In diesem riesigen Hotel mit 22 Stockwerke für westliche, vor allem finnische Gäste – und dieses Hotel war das einzige für Westler – entstand ein Staat im Staat, in dem den westlichen Touristen ein luxuriöses Leben mit Bars, Varieté, Wellness und erlesenen Restaurants angeboten wurde. Der einzige Haken: Im offiziell nicht vorhandenen 23. Stockwerk saß der KGB und überwachte alles mit Hilfe von Abhörgeräten, Kameras und Spitzeln. Ich habe eine Führung mitgemacht und hörte unglaubliche Geschichten aus dieser Zeit, die erst 1991 ein Ende fand, als das russische Reich auseinanderzubrechen drohte und der KGB Hals über Kopf das Hotel mit allen wichtigen Dokumenten und Aufzeichnungen verließ, nur das Mobiliar, Teile der Abhörtechnik und Blankoformulare für Berichte über die Gäste blieben zurück. Die Fremdenführerin wünschte mir als Deutsche – auf Deutsch – alles Gute und meinte, wir Deutschen hätte ja im östlichen Teil Deutschlands Ähnliches an Bespitzelung erlebt. Und ich kann mich noch gut an Besuche bei Verwandten in Thüringen in den 70er Jahren erinnern und deren vertrauliche Erzählungen, die Angst, die wir als Westler vor den Ostbehörden hatten sowie die strengen Kontrollen an der Grenze, die unsere Blutdruck hochtrieben.

Die Stadt Tallinn ist tagsüber überflutet mit Touristen. Im Hafen lagen vier große Kreuzfahrschiffe, darunter die Anbieter MeinSchiff, Aida und TUI. Menschengruppen pilgerten Fremdenführern hinterher und bei den Hauptattraktionen war ein stetes Kommen und Gehen. Nur morgens vor 10 Uhr und abends ab 17 Uhr wurde es beschaulich und nur wenige entspannte Touristen und Einheimische schlenderten durch die Gassen, speisten in den unzähligen Restaurants, die z.T. sehr teuer waren, öfters teurer als wir das aus Deutschland kennen.

Die Quellen der Touristenströme

Unser kleines Hotel liegt in der Altstadt in einem mittelalterlichen Gebäude mit schmalen, verwinkelten Gängen und hat viel Charme. Wir mussten auf einen Tisch klettern, um den hoch angebrachten Fenstergriff zu erreichen und frische Luft ins Zimmer zu lassen, gleichzeitig konnten wir dann aber aus dem Fenster steigen und uns auf die Terrasse vor unserem Fenster setzen. Nach Privatunterkunft und Hostels mit Gemeinschaftsküche und -bad genossen wir hier den Luxus eines eigenen Bades und eines Frühstücksbuffets.

Die Terrasse und unser Zimmerfenster

Der Ausstieg…

Tallinn hat eine wechselhafte Vergangenheit und es würde den Rahmen meines Blogs sprengen, die Historie wiederzugeben, aber die Stadt ist eine Reise wert.

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