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Theyyam und mehr (Meer)

Wieder einmal sind wir in den Zug gestiegen, zwei Stunden weiter in Richtung Süden gefahren und in einem weiteren Homestay, diesmal direkt am Meer, „The Blue Mermaid“ angekommen. Wir wohnen sozusagen in einer Privatpension mit 8 Zimmern auf zwei Häuser verteilt und einem kleinen ebenfalls zu mietenden Holzhäuschen im Style Keralas; auch hier ist viel persönliche Betreuung durch die Inhaberin und ihren Mann, wenn er da ist und gerade nicht in seinem Versicherungsbüro in der nächsten größeren Stadt arbeitet.

Die Umgebung ist traumhaft schön: weißer Strand mit wenig Menschen lädt ein zum Schwimmen, es gibt viel Möglichkeiten für Spaziergänge ins nahegelegene Dorf oder auf kleinen Straßen durch Palmenwälder. Direkt neben der Pension mündet ein Fluss ins Meer, alles sehr idyllisch und erholsam. Wir haben hier den ersten deutschen Touristen getroffen, allerdings nur 5 Minuten, da er gerade abreiste. Inzwischen sind eine irische Familie, zwei irische Frauen und ein indischen Ehepaar aus Bangalore angekommen. Dann ein deutsches, ein walisisches und ein schweizer Ehepaar. Es gibt immer viel zu schwätzen und macht Spaß mit so vielen Weltenbummlern und Nationalitäten. Es ist jetzt Weihnachten und der Garten wurde mit Lichtergirlanden und Weihnachtssternen in ein buntes indisches Wunderland verwandelt.

Das Highlight bisher ist das Theyyam-Ritual, für das wir um 3 Uhr in der Nacht aufgestanden und 45 Minuten mit Rikshas zusammen mit den anderen Gästen hier durch die Vollmondnacht gefahren sind. Um 4 Uhr morgens begann vor einem Dorftempel der Tanz bzw. das Ritual, das älter als der Hinduismus ist, und auf Erntedankfeste zurückgeführt wird. Theyyam ist der Name, der jeweils dargestellten Gottheit. Wir sahen in einem Zeitraum von 3 Stunden die Auftritte von drei Tänzern, die drei verschiedene Gottheiten darstellten und in einer Art Trance gehen. Die speziellen Kostüme bestehen aus Bemalungen, Armreifen, Brustplatten, Röcken, Girlanden und prächtigem, kunstvollem Kopfschmuck. Die Tänzer verlieren während der Aufführungen ihre eigene körperliche Identität und nehmen die der jeweiligen Gottheiten an, segnen, brüllen, sprechen in Malayalam, der hiesigen Sprache und erschreckten mich hin und wieder mit der Wildheit ihrer Ausdrucksform. Zu Beginn wurde ein Hahn geopfert und der spektakulärste Auftritt war der der Gottheit, die durchs Feuer sprang. Die einheimische Bevölkerung zeigte viel Respekt vor den Tänzern bzw. Gottheiten, standen flink auf, wenn die Gottheit auf sie zukam, wurden gesegnet und spendeten Geld, das in einem Palmenblatt von einem die Gottheit begleitenden Priester gesammelt wurde.

Die Vorbereitung – die Beine des Tänzers zuckten bereits heftig, als er noch saß.

Anders als die Kathakali-Tänze, die wir im Süden von Kerala sahen und die eine Kunstform sind, die sich zu Auftritte vor Publikum gewandelt haben, sind die Theyyam-Rituale rituelle Handlungen, die bei Tempelfesten, Hauseinweihungen und Hochzeiten durchgeführt werden.