Guruvayoor, Frauenrechte, Aufstände in Kerala

Die Fahrt von Mysore nach Guruvayoor ist – wie im letzten Post beschrieben – schön, daher hier noch ein paar Fotos von unterwegs.

Elefanten am Wegesrand

Rehe

 

Unsere Ankunft in Guruvayoor steht unter keinem guten Stern. Auf der Straße sind Pilger ganz in Schwarz unterwegs, die aggressiv wirken; es liegt Spannung und Unruhe in der Luft, aus Richtung des 1 km entfernten großen Tempels höre ich aggressives Geschrei. In unserer Unterkunft sagt am uns gleich, dass am nächsten Tag Streik sei: kein Geschäft offen, Rikschas fahren nicht, alles lahmgelegt.

Der Grund für diese Unruhen und den von den Gewerkschaften ausgerufenen Streik ist, dass zwei Frauen in den 40ern es geschafft haben, einen Tempel in Kerala zu betreten und dort im Innersten zu beten. Dieser Tempel im Bergland von Kerala war bis zu einem Gerichtsurteil im September 2018 für Frauen im Alter zwischen 10 und 50 Jahren – im menstruationsfähigen Alter – nicht zugänglich und wurde seit dem Urteil, das Gleichberechtigung für Frauen und Männer festlegte, von rechtsextremistischen Hindus bewacht, die den Zugang für Frauen bis dato erfolgreich für Frauen blockiert hatten. Die im Sabarima-Tempel verehrte Gottheit gilt als unverheiratet und Gläubige fürchten eine „Verführung“ durch Frauen. Die beiden Frauen, Aktivistinnen der Frauenbewegung, waren im Dunkeln frühmorgens begleitet von 4 Polizisten in Zivil ins Innere des Tempels gelangt und hatten dort ½ Stunde gebetet. Die Presse wurde erst anschließend informiert und berichtete vom „Durchbruch der gläsernen Decke“. In der Folge kam es jedoch zu Aufständen in ganz Kerala und zu Straßenkämpfen. Laut Tageszeitung auch in Guruvayoor: Wir hatten gut daran getan, nicht auf die Straße zu gehen. Der oberste Hindupriester des von den Frauen betretenen Tempels ordnete eine Reinigung des Tempels an und schloss ihn dafür eine Stunde lang.

Eine weitere Aktion der Frauen in Kerala, Indiens fortschrittlichstem Bundesstaat, sorgte am 1. Januar ebenfalls für viele Berichte in Presse und im Fernsehen: Die „Women´s Wall“. Am Nachmittag des 1. Januar hatten zehntausende Frauen mit einer Frauenkette von 620 km vom obersten Norden bis zur südlichsten Spitze Keralas für Gleichberechtigung protestiert. Die in Kerala regierende kommunistische Partei hatte dazu aufgerufen und es sollen 5,5 Millionen Frauen dem Aufruf gefolgt sein, darunter einige Prominente wie z.B. die Schriftstellerin Arundhati Roy.

 

Seit Narendra Modi Ministerpräsident Indiens ist, wirken er und seine Partei BJP darauf hin, die konservativen Kräfte mehr zu stärken, den alten hinduistischen Ansichten wieder mehr Gewicht zu geben und andere Religionsgemeinschaften des Landes wie die Christen, Moslems und Jains werden stärker ausgegrenzt.

Den Streiktag in Guruvayoor verbrachten wir ruhig und erhielten als ausländische Touristen in zwei Hotels dann doch etwas zu essen, obwohl offiziell alles geschlossen war. In einem Hotel setzte man uns ganz hinten in den Essraum hinter eine Wand, so dass der Anschein gewahrt blieb, dass das Restaurant geschlossen sei und im anderen Hotel wurden wir einfach als Hausgäste angesehen; eine Gruppe von offensichtlich reichen indischen Männern wurde jedoch nicht eingelassen ins Restaurant – wir vermuteten, dass die Hotelangestellten Angst hatten, es könne sich um Parteipolitiker der rechtskonservativen BJP oder Gewerkschaftsfunktionäre handeln, die nach Streikbrechern Ausschau hielten.

Da wir uns in Guruvayoor sehr unwohl fühlten, verkürzten wir den Aufenthalt und beschlossen in der zweiten Nacht um 3.15 Uhr einen Zug in Richtung Süden nach Alleppy zu nehmen und von dort an einen naheglegenen Strand zu fahren, um noch ein paar erholsame Tage am Beach zu erleben.

Nachtfahrt