Nach einem Flug von 1 ¼ Stunden von Chennai aus sind wir an der Westküste Indiens in Kochi (Cochin) gelandet. Unser Guesthouse liegt in Fort Kochi und es ist nicht weit zur Seepromenade und zum Ortskern. Es ist ziemlich touristisch hier, vor allem sind gerade auch für viele Inder Ferien und die Seepromenade ist voller Menschen verschiedenster Hautfarben und Nationalitäten und gleicht einem Jahrmarkt mit vielen Buden und Ständen, an denen z.B. Kleidung, Handnähmaschinen, Plastikspielzeug, Schmuck und Eis angepriesen werden. Fischer habe ihre Stände aufgebaut und man kann sich einen Fisch aussuchen und zu einem „You-buy-we-cook“ (Sie kaufen, wir kochen) Restaurant gehen und sich den Fisch zubereiten lassen. Die Zubereitungsstände sind meist offene Küchen am Strand.
Fort Kochi ist überschaubar mit kleinen idyllischen Gassen, netten Cafés, Restaurants aller Preisklassen und mit internationalem Essensangebot.
Wir haben uns die Synagoge und das jüdische Viertel im benachbarten Stadtteil angesehen, einen Tempel der Jains
von außen bewundert – es war keine Besuchszeit als wir da waren. Der Jainismus ist eine in Indien beheimatete Religion, die etwa im 5./6. Jahrhundert v. Chr. entstand. Der Jainismus geht davon aus, dass sich in der Welt zwei Prinzipien gegenüberstehen: Geistiges und Ungeistiges. Das Geistige beruht auf einer unendlichen Anzahl individueller Seelen (Jiva). Das Ungeistige umfasst die fünf Kategorien: Bewegung, Ruhe, Raum, Stoff und Zeit. Alles Stoffliche ist beseelt, nicht nur Menschen und Tiere, sondern auch Pflanzen oder Wasser. Die ursprüngliche Reinheit und Allwissenheit der Seele (Jiva) wird jedoch durch feinstoffliche Substanzen, die als Folge von Karma (Taten) eindringen, getrübt.
Morgens haben wir im kleinen Kreis den Morgenragas, die zwei brahmanische Musiker (Sänger und Trommler) anbieten, gelauscht. Ragas sind sehr alte traditionelle Musikstücke, die Tagesstimmungen und Gefühle wiedergeben und in den Tönen die Laute der Natur und von Tieren instrumental „nachmachen“. Ein achtsamer Start in den Tag für uns.
Kerala ist sehr bekannt für seine Backwaters, die vielen Flüsse, Kanäle und Seen. Es gibt unzählige Hausbotte und Angebote in allen Größen und Preislagen für Touren von einem oder mehreren Tagen. Wir haben uns für eine individuelle frühmorgendliche Halbtagstour in einer vollkommen touristenfreien Zone und im Kanu mit Führer entschieden,
friedliche Stimmung
die ein Frühstück auf einer kleinen Insel, auf der nur 9 Familien leben, einschloss. Wir wurden dort freundlich empfangen, sprachen mit dem Dorfältesten, schauten seiner Frau beim Seilspinnen zu und durften selber mitmachen, sprachen mit einem Sänger, der in Tempeln religiöse Lieder singt und einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Gegend hat (an der Wand hing ein Poster, das einen seiner Auftritte ankündigte) und hatten ein köstliches Frühstück mit Reis, Gemüse, Ei auf einem Palmenblatt. Dazu gab es einen leckeren Gewürztee.
Kochstelle
Der Sänger
Bei der Seilemacherin
Der Führer erzählte uns auch einiges über Kerala allgemein. Fast alle Menschen in diesem Staat können lesen und schreiben, es gibt viele Christen, aber alle Religionen leben friedlich zusammen, manche Hindus geben auch zu den Gottesdiensten in Kirchen und umgekehrt besuchen Christen Zeremonien im Hindutempel. Andererseits sind in Kerala fast in jedem Ort Kommunistische Fahnen, Poster und Embleme zu sehen. Der Staat Kerala ist ein kommunistische und christliche Hochburg: Unglaubliches Indien… Insgesamt macht Kerala einen viel westlicheren Eindruck als der Staat Tamil Nadu. Die Einflüsse westlicher Kulturen seit vielen Jahrhunderten (Portugiesen, Holländer, Engländer) sind deutlich spürbar.
Wir haben hier viele schöne Kirchen gesehen und ganz in der Nähe der Santa Cruz Basilika gewohnt, in der jetzt an den Weihnachtstagen viele Gottesdienste stattfanden. Weihnachtsbäume
Die Krönung unseres viertägigen Aufenthalts in Kochi war eine Kathakali-Tanzaufführung. Kathakali (ein „Geschichtenspiel“ ist eine sehr alte Tanzform, die dramatische Geschichten, Tanz zu Originalmusik mit echten Musikern sowie Rituale verbindet. Die Kostüme sind sehr aufwändig und bunt und alle Rollen werden von Männern getanzt, auch die Frauengestalten.
Eine Stunde vor Beginn der Aufführung konnten wir bereits in das wunderschöne Theater und den Tänzern zuschauen, die sich akribisch auf der Bühne schminkten.
Mit einer kleinen Puja (religiöse Zeremonie) wurde die Aufführung begonnen, nachdem der Boden des Theaters und die Skulptur des Gottes Shiva geschmückt worden waren.
Dann wurden einige Gesten und Mudras erklärt, es wurde gezeigt, wie subtile Augenbewegungen und Bewegungen der verschiedenen Gesichtsmuskeln deutlich Stimmungen ausdrücken und wir sahen dann einen einstündigen Auszug aus einer Aufführung, die sonst 6-7 Stunden dauert.
Das Trommeln wurde in den dramatischen Sequenzen ohrenbetäubend laut, so dass ich mir die Ohren zuhalten musste. Es war jedoch eine fesselnde Aufführung, die uns zum Staunen brachte.