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Der Hinflug

Reisen ist immer ein Schritt –mindestens ein kleiner Schritt und manchmal ein großer– ins Ungewisse und Unbekannte… So saßen wir auf dem Flughafen in Jeddah (Saudi Arabien) und warteten auf den Anschlussflug. Auf derAnzeigetafel stand nichts von unserem Zielort, obwohl viele Flüge für die nächsten Stunden angezeigt wurden. Überall saßen und teilweise lagen Pilger, die offensichtlich aus dem nahegelegenen Mekka gekommen waren, und warteten ebenfalls auf Flüge. Das Gebäude quoll über vor Pilgern und Pilgerinnen. Die Frauen trugen rote, gelbe und beige Kopfbedeckungen, auf denen der jeweilige Reiseveranstalter aufgedruckt war.

Wir flüchteten uns unerschrocken in eine ruhige Lounge für First-Class- und Geschäftsreisende, überprüften immer wieder die Anzeige für die Abflüge und sahen uns ratlos an. Was tun? Der vergangene 5 ½ stündige Flug vonFrankfurt hatte uns müde gemacht. Schließlich machte sich Ánatha auf die Suche nach einem Flugschalter der Saudi-Arabian Airline, mit der wir fliegen sollten. Der Angestellte am Schalter hatte unser Flugziel Kozhikode im nördlichen Teil des Bundesstaates Kerala noch nie gehört und telefonierte herum. Wir wussten, dass unser Ziel ein erst vor kurzem eröffneter Flughafen war. Und tatsächlich: Nach einem Telefonat des Airline-Angestellten versicherte dieser, dass der Flug bald angezeigt werden würde. Fünfundvierzig bange Minuten später erschien unsere Flugnummer auf der Abflugtafel,  allerdings mit dem Reiseziel „Offline Point“ … Uns blieb nur zu hoffen, dass unser geplantes Ziel sich dahinter verband.

Das Gate fürs Einchecken wurde pünktlich geöffnet und wir wurden – eingequetscht zwischen unzähligen Pilgerinnen und Pilgern – durch die Kontrolle geschleust. Das war ein Gedränge und Geschiebe. Vor mir sah ich Ánathas blauen Rucksack, an den sich einer der Südinder eingehängt hatte. Die Stewardess an der Flugzeugtür war höchste genervt, da sie von den wuselnden Pilgern fast überrannt wurde und wiederholte andauernd: „Please wait“ – bitte warten – was nicht viel Wirkung zeigt. Es sah so aus, als ob sie von einem Heer von Ameisen überrannt wurde. Die Pilger drängten ins Flugzeug und viele waren anscheinend Analphabeten, die weder ihren Sitzplatz auf der Boarding Card erkennen konnten, noch die entsprechende Platzreihe und Sitznummer über den Sitzplatzen ablesen konnten.

Schließlich war das Gewusel kanalisiert und alle saßen; die Flugzeugtüren gingen endlich zu. Schon als wir auf dem Rollfeld auf den Abflug warteten, wurde rings um uns Husten laut. Die meisten Pilgerinnen und Pilger waren erkältet. Ich fragte mich, ob ich nun in einem Pilgerflugzeug oder in einem Krankentransport saß.

5 /2 Stunden später landeten wir wirklich wie geplant in Kozhikode, dem neuen internationalen Flughafen. Das Check-in war angenehm, alle Beamten waren freundlich und gelassen, unterstützten uns beim Ausfüllen des Formulars, das immer nach dem Landen für die endgültige Zugangsberechtigung ausgefüllt werden muss: Passdaten, Reiseziel, Telefonnummer der gebuchten Unterkunft usw. wurden abgefragt. Die Inder sind Verwaltungshelden – der englische Einfluss.

Unser Taxifahrer vom Guesthouse wartete jedoch lächelnd am Ausgang wie geplant. Wir waren endlich in Indien, meinem Lieblingsreiseland!

 

 

Noch 5 Wochen …

Nur noch 5 Wochen bis zum Abflug! Mein Jahresvisum klebt im Reisepass, die ersten beiden homöopatischen Impfungen habe ich hinter mir, der Rucksack steht schon bereit und füllt sich langsam. Manchmal kann ich es kaum erwarten, bis mein letzter Arbeitstag Ende Oktober kommt und der Abflug kurz bevor steht. Und manchmal taucht ein bisschen Verunsicherung auf: Wie wird das sein, nach 4 Jahren wieder in Indien anzukommen? Werde ich mich wieder zuhause fühlen trotz aller Widrigkeiten? wie wird es sein, dieses Mal zuerst fast 5 Wochen alleine in Indien zu sein, bis wir dann zu zweit weiterreisen? Gemischte Gefühle … freudige Erwartung, leichte Unsicherheit und das Bewusstsein, dass ein neuer Lebensabschnitt anfängt mit dem Rentenbeginn und ganz sicher der größte Teil meines Lebens gelebt ist. Aber irgendwie ziehen diese Gefühle und Gedanken auch wieder vorbei, mit einem tiefen Atemzug bin ich wieder im Hier und Jetzt und das Zeitgefühl tritt in den Hintergrund. Sekunden, Minuten, Stunden, Tage – alles Konstrukte, damit wir den Fluß des Lebens, in dem wir uns bewegen, irgendwie fassen können.

Blog Indien – der Anfang

Reisevorbereitungen (26.08.2017)

Indien – erst war es nur so ein Gedanke: Nach Rentenbeginn fahre ich endlich wieder einmal nach Südindien! Das Land, in dem ich immer nur minimalistisch gelebt, auf harten, nach Mottenpulver riechenden Matrazen geschlafen habe, viel barfuß ging und fast immer das Gleiche an hatte: einen Salwar Kameez – nur die Farben wechselten und die wenigen Verzierungen der Oberteile unterschieden sich je nach gewähltem Hemd. 

Und dennoch:  Indien fühlt sich seit dem ersten Tag, an dem ich meinen Fuß auf indischen Boden setzte am Flughafen Chennai, wie Heimat an. Und bei jedem Besuch immer wieder dieses Gefühl des Nach-Hause-Kommens. Warum nur – werde ich es jemals herausfinden?

Nach 40 Jahren Berufstätigkeit, angestellt und selbständig, war es Zeit, die Segel neu zu setzen und wo anders als in Indien konnte das sein. In Indien, dem Land der Sinnsucher, Gurus, des Meditierens und der tiefen im Alltag verwurzelten Religiosität.

Knapp ein Jahr vor Rentenbeginn kam der Gedanke auf und rückte mit jedem Monat näher und wurde konkreter. Zuerst legte ich ein halbes Jahr vor dem geplanten Start die Reisedaten für den 2-monatigen Aufenthalt fest, dann buchte ich die Flugtickets. Mir dämmerte: Aha, jetzt wird es etwas mit der Reise. Dann war es über Monate eine beschlossene Sache, die aber im Alltag immer wieder in den Hintergrund rutschte.

Und nun sind es nur noch 2,5 Monate und weitere konkrete Maßnahmen  stehen an: Impfungen, Überlegungen, was ich mitnehme in meinem minimalistischen Gepäck, einem Rucksack (40x50x20 cm), Visumsantrag vorbereiten und die freiberuflichen Tätigkeiten auf „Fernbeziehung“ umstellen – zwei Monate werde ich digitale Nomadin sein. Das Notebook wird mit Fernzugang zum PC in der Heimat ausgestattet, die wichtigsten Zugriffe und Zugänge über Internet eingerichtet, z.B. auch auf diese Website und natürlich auf die Mails.